Mira bei RADIO 21: Nico Rosberg
Er ist am Ziel seiner Träume angekommen – und räumt dennoch die Pole Position. Formel-Eins-Pilot Nico Rosberg hat seine Fans durch ein Wechselbad der Gefühle geschickt: Vom Jubeltaumel über den WM-Titel bis zur Trauer über seine Ankündigung, abzutreten und keine Rennen mehr zu fahren. Das nennt man dann wohl Fallhöhe! Der Mercedes-Champion ist unser „Mensch der Woche“.
Auf der sicheren Seite
Bei wenigen Protagonisten unserer Kolumne wird die intrinsische Motivation Sicherheit / Kampf so deutlich sichtbar wie bei Nico Rosberg, wobei der Sicherheitsanteil seiner Persönlichkeit deutlich überwiegt. Schließlich nennt er den Faktor Sicherheit als Hauptgrund für seinen Rücktritt: Er möchte seiner Familie (und auch sich selbst) die Gefahr nicht mehr zumuten.
In seinem Verhalten, seinem Auftreten und seiner Wirkung finden wir viele Aspekte, wie diese intrinsischen Motivationen sichtbar werden:
– Er wollte es seinem Vater nachmachen. Menschen, die von Sicherheit angetrieben werden, haben eine sehr enge, positiv besetzte Beziehung zu ihrem Vater. Sie tun viel, um ihm zu gefallen und seine Anerkennung zu bekommen, siehe auch Steffi Graf und Angelique Kerber. Dazu ein Zitat von Nico Rosberg nach seinem Sieg: „Ich bin in die Fußstapfen meines Vaters getreten. Das ist ein großer Moment für mich.“ Und weiter: „Jeden Samstagabend bekomme ich eine Nachricht von ihm wie ‚Morgen Gaspedal aufs Bodenblech‘. Das ist sein Ratschlag. Mein Vater und meine Mutter tragen einen großen Anteil am Titel. Meine Mutter auf privater Seite und mein Vater für meine Karriereschritte.“
– Seine Loyalität, insbesondere gegenüber seinem Konkurrenten Lewis Hamilton, der nach seinen Manövern in den letzten Rennen viel Kritik einstecken musste. Rosberg sagte dazu nur, dass er ihn verstehen könne…
– Er gilt als smartester Fahrer der Formel Eins, hat aber den typisch jungenhaften, scheuen Charme einer sicherheitsmotivierten Persönlichkeit.
– Rosberg ist ein häuslicher Typ, dort fühlt er sich am wohlsten. My home is my castle.
– Er ist ein sicherer Fahrer, der niemals zu hohe Risiken eingegangen ist. Man könnte sagen: Er hat den WM-Titel „sicher“ nach Hause gefahren.
Von der Sicherheit in den Kampf
Zu der Doppelmotivation Sicherheit / Kampf gehört auch die Fähigkeit, in Gefahrensituation auf die Qualität / die Ressource Mut zugreifen zu können. Für seine waghalsigen Formel-Eins-Rennen ist Rosberg bildlich gesprochen durch die Katzenklappe gesprungen und hat seine Angst beiseite geschoben, sie verdrängt oder auch ignoriert. Diese Fähigkeit muss er sogar besitzen, sonst wäre er kaum in der Lage gewesen, einen solch gefährlichen Sport auszuüben. Durch die Gründung einer eigenen Familie und die damit übernommene Verantwortung wurde dieser innere Prozess des Ausblendens von Gefahr für ihn wohl immer schwerer. Ich vermute sogar, dass er letztlich überhaupt nicht mehr funktioniert hat. Darum der Rücktritt. Damit ist er wieder auf der … sicheren Seite.
Warum die Angst nicht mehr mitfährt – mehr über Nico Rosberg im Talk bei RADIO 21.
Wie funktioniert Key to see®?
Die Key to see®-Methode basiert auf einer Jahrtausende alten Typologie, übersetzt in die heutige Zeit und ergänzt mit tiefenpsychologischen Methoden. Um Persönlichkeitsaspekte von Personen des öffentlichen Lebens herausfiltern und daraus Anhaltspunkte für die Gründe ihres Handelns zu finden, durchforstet Mira Mühlenhof Biographien, Wikipedia-Einträge und Berichte im Internet, analysiert YouTube-Videos von öffentlichen Auftritten und liest Aspekte aus Facebook-Einträgen und Postings – auch von anderen Nutzern. „Es ist wie das Zusammensetzen eines großen Puzzles“, sagt Mira. „Wir erhalten wertvolle Erkenntnisse über die intrinsische Motivation unserer Mitmenschen und können ihr Verhalten besser nachvollziehen. Das Nachfühlen von Handlungsmotiven dient somit als Basis für mehr Verständnis und Empathie.“