Mira bei RADIO 21: Christian Lindner
In der Coaching-Kolumne „Menschen der Woche“ bei den Sendern Radio 21 und Rockland Radio spricht die Persönlichkeitsexpertin Mira Mühlenhof regelmäßig über Menschen, die uns in diesen Tagen bewegen.
Christian Lindner: Für mich oder für die Partei?
Der Bundesvorsitzende der FDP sorgte in dieser Woche für Schlagzeilen, weil er in der Sendung „Hart aber fair“ mit Moderator Frank Plasberg aneinander geriet. Uns beschäftigt die Frage, warum Lindner zu einem verbalen Tiefschlag ausholte und dabei auch redaktionelle Hintergründe preisgab. Und was das mit seiner Persönlichkeitsstruktur zu tun hat.
Das große Spiel um Erfolg
Wir lesen aus der Biografie Lindners, seinem Auftreten, seinem Sprachstil und seiner Wirkung, die intrinsische Motivation Erfolg heraus. Menschen mit dieser inneren Motivation sind zielstrebig, begeisterungsfähig, mitreißend, tüchtig und effizient. Allein ein Blick auf seinen Werdegang macht schwindelig: Mit 16 Jahren trat er in die FDP ein, mit 19 wurde er von Jürgen Möllemann in den nordrhein-westfälischen Landesvorstand geholt, mit 21 wurde er der jüngste Abgeordnete aller Zeiten. Da hatte er noch nicht einmal die Zwischenprüfung im Studium absolviert. An die Uni fuhr er mit dem Porsche, den er sich nebenher als Unternehmer verdient hatte. Während des Grundstudiums baute er ein Internet-Start-up auf, das Geld kam von einem Investor, der sich zu zwei Dritteln mit staatlichem Fördergeld refinanzierte. Die Firma ging pleite, das Geld war weg. Das wurde Lindner oft zum Vorwurf gemacht. Aber er drehte die Geschichte einfach um. Menschen mit der intrinsischen Motivation Erfolg sind in der Lage, selbst aus dem größten Misserfolg noch einen Erfolg zu machen. So ist auch der vielbeachtete Wut-Auftritt im Landtag, dessen Mitschnitt bei YouTube zum Kultvideo wurde, zu erklären. In seiner Kritik an Plasberg scheint ein gekränktes Ego durch: Er wurde aus zwei Sendungen wieder ausgeladen.
Selbstverliebte Sehnsucht nach Applaus
Erfolgsmenschen sind gute Verkäufer. Sie reden und denken schnell, sind brillante Formulierer und Redner, bleiben aber mit ihren Thesen in der Schwebe – weil sie gut ankommen und sich diese Chance nicht verbauen wollen. Christian Lindner kann fast jedes Publikum für sich einnehmen. Er wird ernst genommen, die „Bambi-Zeiten“ (ein Spitzname, den ihm Jürgen Möllemann verpasst hatte) sind vorbei. Lindner will die FDP zurück in den Bundestag führen und diesem Ziel ordnet er alles unter, auch sein Privatleben: Menschen mit der intrinsischen Motivation Erfolg zeigen Züge von extremen Workaholics. Sie arbeiten immer. Christian Lindner kümmert sich um alles selbst: Er reist durch die Kleinstädte, wirbt neue Mitglieder, wo er geht und steht. Er sitzt in Talkshows. Aus einem Artikel der FAZ: „Es ist schwieriger, mit ihm einen Termin zu vereinbaren als mit manchem Bundesminister. Dahinter steckt keine Show. Er hat wirklich keine Zeit.“ Warum das Ganze? Er ist interessiert an seinem persönlichen Erfolg. Nicht an dem der Partei.
Selfmade – mit klarem Ziel
Persönlichkeiten, die auf Erfolg und Anerkennung fixiert sind, leben das Prinzip „Vom Tellerwäscher zum Millionär.“ Seine eigene intrinsische Motivation deckt sich also mit der Motivation der FDP. So wundert es nicht, dass er das Unternehmertum (wieder) in den Fokus des Parteiprogramms gerückt hat. Und es verwundert auch nicht, dass er dadurch einen großen Zuspruch von Unternehmern erhält, die zusätzlich das FDP Wirtschaftsforum gegründet haben, um Lindner zu unterstützen.
Der Haken an der Sache ist: Erfolgsmenschen neigen dazu, Gefühle zu „machen“. Sie wirken glatt, als würden sie eine Maske tragen. In einem Land, in dem die intrinsische Motivation Sicherheit weit verbreitet ist, löst die zu optimistische Weltsicht und das schnelle Tempo der Erfolgs-Macher Misstrauen aus – so als würden die Menschen ahnen, dass es dem Vollblutpolitiker letztlich nur um seinen eigenen Erfolg geht. Unternehmer werden Lindner gern folgen. Die breite Masse nicht.
Mehr über Christian Lindner hören Sie in der Kolumne auf Radio 21 und Rockland-Radio.
Wie funktioniert Key to see®?
Die Key to see®-Methode basiert auf einer Jahrtausende alten Typologie, übersetzt in die heutige Zeit und ergänzt mit tiefenpsychologischen Methoden. Um Persönlichkeitsaspekte von Personen des öffentlichen Lebens herausfiltern und daraus Anhaltspunkte für die Gründe ihres Handelns zu finden, durchforstet Mira Mühlenhof Biographien, Wikipedia-Einträge und Berichte im Internet, analysiert YouTube-Videos von öffentlichen Auftritten und liest Aspekte aus Facebook-Einträgen und Postings – auch von anderen Nutzern. „Es ist wie das Zusammensetzen eines großen Puzzles“, sagt Mira. „Wir erhalten wertvolle Erkenntnisse über die intrinsische Motivation unserer Mitmenschen und können ihr Verhalten besser nachvollziehen. Das Nachfühlen von Handlungsmotiven dient somit als Basis für mehr Verständnis und Empathie.“
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