Mira bei RADIO 21: Martin Winterkorn

In der Coaching-Kolumne „Menschen der Woche“ bei den Sendern Radio 21 und Rockland Radio spricht die Persönlichkeitsexpertin Mira Mühlenhof regelmäßig über Menschen, die uns in diesen Tagen bewegen.

Martin Winterkorn und Sepp Blatter: Zwei Typen, ein Selbstbild

Nach dem Rücktritt des VW-Lenkers dreht sich alles um die Frage: Was wusste Martin Winterkorn?
Auffällig und daher durchaus naheliegend ist die Ähnlichkeit zum Fifa-Skandal der jüngsten Vergangenheit. Ein Vergleich der Persönlichkeitsstrukturen von Fifa-Chef Blatter und dem Vorstandsvorsitzenden von VW bringt die Einsicht: Wir haben es hier mit zwei Charakterköpfen zu tun, die in ihrem Selbstbild identisch sind.

Das Persönlichkeitsmuster Macht

Im Verhalten beider Leader wird ein identisches Muster sichtbar: Wir erkennen eine Persönlichkeitsstruktur, die auf Macht ausgerichtet ist. Bei beiden Bossen zeigt sich diese intrinsische Motivation (= innerer, nicht von außen motivierter Antrieb) dadurch, alleiniger Herrscher des Unternehmens oder des Verbandes zu sein. Auf dem Thron zu sitzen. Das Unternehmen eigenständig und nach eigenen Zielsetzungen zu führen, Regeln und Vorgaben zu ignorieren und eigene Maßstäbe anzusetzen, an die sich Funktionäre und Mitarbeiter zu halten haben.

Sichtbar wird ein inneres Selbstbild, das da sagt: „Ich bin stark und gerecht“. Es äußert sich in einer hemdsärmeligen Attitude und gutsherrischen Art, die Menschen mit dem Persönlichkeitsmuster Macht eigen sind. Symptome bzw. Signale von Menschen mit diesem Habitus: Eine derbe, direkte, kernige Sprache. Eine starke körperliche Präsenz. Charisma. Eine Attitude, die jedem Gegenüber klarmacht: „Ich bin zwar ein böser Bube – aber ich bin gerecht.“ Die daraus resultierende Selbstüberzeugung steigert sich allerdings – wenn sie ungebremst ausagiert wird – bis zur Selbstherrlichkeit.

Winterkorn & Blatter: Macht über alles

Wer hätte sich einen Machtkampf mit Piëch zugetraut? Wer ist so von sich selbst überzeugt, den Fifa-Skandal auszusitzen und weiterhin die eigene Macht ungebremst auszuspielen? Nur Menschen mit einer Persönlichkeitsstruktur, die folgende Voraussetzungen mitbringen:

• den unbedingten Willen zur Macht
• eine direkte, derbe Sprache
• Schwarz-Weiß-Denken: „Bist Du für mich – oder gegen mich?“
• Die Fähigkeit zur nonverbalen Provokation
• ein machoeskes, gönnerhaftes Auftreten – insbesondere gegenüber Frauen
• Verkörperung einer Patriarchen- bzw. Good-Father-Figur
• den Willen, ein guter Herrscher zu sein

Machtmenschen gehen davon aus, dass sie die Macht bereits haben. Darum ist ihr Verhalten insbesondere darauf ausgerichtet, die eigene Macht zu verteidigen. Ein Blick in die Geschichte bestätigt: Wer auf dem Thron sitzt, muss zu jeder Zeit fürchten, von selbigem gestoßen zu werden. Beispiele für prominente Persönlichkeiten des Zeitgeschehens mit dem gleichen Muster: Altkanzler Gerhard Schröder. Peer Steinbrück. Stefan Raab. Männer, die das große Spiel spielen und dabei wirken wie freche Jungs, die heimlich aus dem Honigtopf genascht haben.

Die Macht des Unbewussten

Wir müssen davon ausgehen, dass die intrinsische Motivation eines Menschen weitgehend unbewusst ausagiert wird. Sepp Blatter ist damit bis heute erfolgreich: Er konnte die von ihm selbst geschaffenen Regeln weiterhin geltend machen, weil er nicht ernsthaft um seine Macht fürchten musste. Das System wird ja weiterhin von ihm kontrolliert.

Martin Winterkorn sieht sich mit ganz anderen Gegnern konfrontiert: Er musste erkennen, dass er seine Macht in Anbetracht der Umstände nicht bewahren kann. Darum übernimmt er – als Herrscher – die Verantwortung für das, was geschehen ist und räumt den Thron. Jeder, der seinen gequälten Gesichtsausdruck in seiner Video-Botschaft gesehen hat wird wissen, wie schwer ihm dieser Schritt gefallen ist. Man könnte mutmaßen, ob er sich seiner intrinsischen Motivation bewusst ist und erkannt hat: „Ich habe die Macht verloren.“ Wahrscheinlicher ist, dass ihm von Mitgliedern des Aufsichtsrates ein Rücktritt nahegelegt wurde. Ein solcher Abgang gibt ihm zwar die Möglichkeit, mit erhobenem Haupt zu gehen. Er lässt jedoch ebenso die Fähigkeit zur Selbstreflexion vermissen wie z.B. Altkanzler Gerhard Schröder bei seinem historischen TV-Auftritt in der Elefanten-Runde (nach der verlorenen Bundestagswahl 2005). Und das erklärt übrigens auch, warum Winterkorn seinen Rücktritt nicht selbst verkündet hat.

Alles Lüge?

Was Winterkorn allerdings verschwiegen hat: Ebenso wie Blatter wird er um die Sachverhalte gewusst haben. Er verschweigt, dass er selbst es war, der die Spielregeln zu seinen Gunsten geändert hat. Er wollte sein Spiel, die Eroberung des US-Marktes, für sich und den Konzern gewinnen. Und ist somit – neben Ulli Hoeneß – zu einem aktuellen Beispiel für das psychologische Phänomen geworden, dass Selbstherrlichkeit früher oder später zum Selbstuntergang führt.

Die Achillesferse des Martin Winterkorn

Persönlichkeiten, die von der intrinsischen Motivation Macht angetrieben werden, machen sich den Weg frei – bis sie ganz oben sind. An der Spitze. Aus dieser Position heraus zeigen sie auch mal ihre weiche, fürsorgliche Seite. Dann spüren wir die gute Seite der Macht. Dafür wurde Martin Winterkorn von seinen Mitarbeitern geliebt.
Machtmenschen haben vor nichts und niemandem Angst. Ihre Gedanken kreisen jedoch immer um die Frage, ob sie ausgenutzt werden könnten. Sie selbst würden das sicher etwas derber formulieren: Sie wollen nicht verarscht werden. Da sie bereits in frühester Kindheit die Erfahrung gemacht haben, in schwachen Momenten ausgenutzt zu werden, ist das ihr wunder Punkt.

Insofern ist für den Lenker von VW die schlimmste selbsterfüllende Prophezeiung eingetroffen: Er ist betrogen worden. Von den Menschen, die von den Abgas-Manipulationen wussten und ihn nun haben fallen lassen.

Mehr Aspekte zum Rücktritt von Martin Winterkorn hören Sie in der Kolumne.

Wie funktioniert Key to see®?

Die Key to see®-Methode basiert auf einer Jahrtausende alten Typologie, übersetzt in die heutige Zeit und ergänzt mit tiefenpsychologischen Methoden,. Um Persönlichkeitsaspekte von Personen des öffentlichen Lebens herausfiltern und daraus Anhaltspunkte für die Gründe ihres Handelns zu finden, durchforstet Mira Mühlenhof Biographien, Wikipedia-Einträge und Berichte im Internet, analysiert YouTube-Videos von öffentlichen Auftritten und liest Aspekte aus Facebook-Einträgen und Postings – auch von anderen Nutzern. „Es ist wie das Zusammensetzen eines großen Puzzles“, sagt Mira. „Wir erhalten wertvolle Erkenntnisse über die intrinsische Motivation unserer Mitmenschen und können ihr Verhalten besser nachvollziehen. Das Nachfühlen von Handlungsmotiven dient somit als Basis für mehr Verständnis und Empathie.“


Photo: https://commons.wikimedia.org

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